Heidelberger Herbst. Ein willkommener Anlass, um ohne Ausreden, die eh keiner glaubt, im Freien Alkohol zu trinken, andere alkoholtrinkende Menschen zu treffen und Live-Musik zu lauschen. Und wenn man Glück hat, ist das Wetter wie gestern: nicht zu warm, nicht zu kalt. Ein Wetter, wo sogar die Übergangsjacke im Rucksack bleibt, weil sie nicht benötigt wird. Und wenn man noch mehr Glück hat, ist man auch noch in angenehmer Begleitung.
Genau 208,55 Kilometer entfernt von Heidelberg befindet sich Wangen im Allgäu. Ein bestimmt wunderschöner Ort, wenn auch mit fragwürdiger Grammatik bei dem Satz „Einfach Ankommen und Wohlfühlen“, der einem auf der Website von Wangen gleich ins Auge springt – auch aufgrund der Tatsache, dass die dünne weiße Schrift vor dem bunten Hintergrund der Fachwerkbauten nicht wirklich gut zu lesen ist und man deshalb zweimal hinschauen muss. Aber nun denn… wegen der Gestalterkunst der Allgäuer Webdesigner kommt man wahrscheinlich genauso wenig in den Luftkurort wie wegen der Grammatik, da beides nicht in nennenswertem Umfang vorhanden zu sein scheint. Dann schon eher wegen den legendären Leberkäs-Weck, die es dort in einer bekannten Bäckerei gibt. Mit Röstzwiebel. Wegen denen reisen die Leute von ganz weit her an. Sehr weit. Also so richtig weit weit. Woher ich das weiß? Weil mir das ein Fanboy dieser Leberkäs-Weck erzählt hat, der das große Glück hat, nicht erst von ganz weit weg anreisen zu müssen, sondern direkt vor Ort im schönen Wangen und wahrscheinlich in zu Fuß erreichbarer Nachbarschaft zu besagter Bäckerei zu wohnen. Er hatte ein Tränchen im Augenwinkel, als er von der Bäckerei und den Leberkäs-Weck erzählte – und er ist nicht verwandt oder verschwägert mit den Inhabern dieser Bäckerei. Ich habe extra nachgefragt. Es war also keine Vetternwirtschaft, sondern pure Liebe.
Wobei… Wangen im Allgäu und Liebe… das ist ein heikles Thema. Ich will jetzt nicht näher ins Detail gehen, aber man hat dort die Grenzen schon sehr anders gesetzt, als ich es von hier kenne (und auch gut finde). Wenn es um Mütter, Töchter und Kühe geht, sind meine Assoziationen eben andere, aber nun denn… jeder wie er möchte und mit etwas Glück kommt man ja an einen gnädigen Richter. Vielleicht war der Leberkäs-Fan aber auch eine besonders extreme Ausprägung des Wangeners – sein Kumpel zeigte schon eher Interessen im klassischen Sinn und rückte der Begleitung immer mehr auf die Pelle und zwar so, dass es sogar bei Gedränge offensichtlich gewesen wäre, dass das kein Versehen und den Menschenmassen geschuldet ist – zumal keine Menschenmassen und kein Gedränge da waren. Er kam so nah, dass es bei manchen schon sehr lange verheirateten Paaren als Sex durchgegangen wäre. Wir standen allerdings auch relativ nah an einem Grillstand und vielleicht kam aufgrund des Geruchs von Rindswürsten sein Blut in Wallung. Wenn man die Obsession der Wangener für Fleckvieh kennt, wäre das durchaus eine Erklärung.
Mal sehen… vielleicht treffe ich die zwei nächstes Jahr wieder beim Heidelberger Herbst. Falls ja, habe ich einen Super-Tipp für sie! Ich habe was entdeckt – so eine Art Tinder, speziell für ihre Interessen. Ist das nicht großartig?