Letztens kam die Meldung, dass Eisbären bis zum Jahre 2100 ausgestorben sein könnten. Das ist einerseits natürlich nicht schön; wer es schon mal gemacht hat, weiß: aussterben ist nicht erstrebenswert, das möchte man eigentlich nicht. Da geht es dem Eisbär sicherlich ähnlich, auch wenn er es bisher noch nicht erlebt hat – er ist ja schließlich noch da.
Andererseits ist es aber auch eine coole Sache, wenn man das Datum schon so einigermaßen genau kennt. Da kann man sich dann drauf einstellen, den Kühlschrank nicht mehr unnötig auffüllen, Handy-, Strom- und Mietvertrag kündigen und die Eisscholle nochmal polieren, damit sie schön glänzt, wenn die Trauergäste kommen. Obwohl: Eisscholle ist dann ja eher nicht mehr; der Klimawandel soll wohl schuld am Aussterben des Eisbären sein. Na dann eben den arktischen Felsen, auf dem der Eisbär dann sein deprimierendes, klimawandelgeschädigtes Dasein fristet. Insofern vielleicht gar nicht mal die schlechteste Option, dieses Aussterben. Was ist denn das für ein Leben: da nennt man sich schon Eisbär und was ist? Kein gescheites Eis mehr da (Nur doch doofes, ungeliebtes Eis. Wie im Eisfach, wenn nur noch Erdbeer aus der Schoko-Vanille-Erdbeer-Packung übrig ist. Erdbeer: das Opfer unter den Eissorten, aber noch nicht mal das wird dem Eisbär im Jahre 2100 geblieben sein). Logisch ist man da als Eisbär frustriert und klar denkt man dann an Aussterben. Natürlich wäre es cleverer, einen Schlussstrich unter das Thema „Eis“ zu setzen, sich das Fell zu färben und als Braunbär ein neues Leben in den Karpaten oder sonstig anzufangen. Quasi wie so ein Legionär, der seinen bisherigen, eher fragwürdigen Lebenslauf ad acta legt und sich den Legionellen anschließt. Aber soweit denken Eisbären nicht, einmal Eisbär, immer Eisbär, der Kapitän verlässt als letzter die sinkende Eisscholle und geht am Ende mit ihr unter. Like ice in the Sunshine, nur nicht so fröhlich wie in dem Werbespot.
Der handelsübliche Eisbär hat in Freiheit eine Lebenserwartung von um die zwanzig Jahre – wenn er von einem Polarexpeditionsschiff gerammt wird weniger. Gehen wir als von einem ungerammten Polarbär im Jahr 2090 aus. Frau Eisbär sitzt ihm im pelzigen Nacken, sie will Nachwuchs, denn die biologische Uhr tickt auch in der kalten Arktis nicht langsamer – zumal die Arktis dank Klimawandel ja auch gar nicht mehr so kalt sein wird, wie wir wissen. Der Eisbär hat aber keine Lust auf kleine Knuts, die ihm das bisschen Platz auf der immer kleiner werdenden Scholle streitig machen und ständig nach Futter plärren. Lust an sich hätte er aber schon also lässt er sich auf die Avancen von Frau Eisbär ein. Hätte man jetzt eine Zeitmaschine, könnte also in die Zukunft reisen, so wäre es ein dringendes, wenn nicht sogar DAS dringendste Anliegen überhaupt, sich ins Jahr 2090 zu katapultieren und den Eisbären eindringlich klar zu machen, dass sie das bitte bleiben lassen sollen mit Paarung und so, denn in zehn Jahren hat sich das Ganze eh für alle Eisbären und wie gemein wäre es, kleine putzige Eisbärenbabys in die Welt zu setzen, wo klar ist, dass sie in dieser klimagewandelten Welt keine Zukunft haben, sondern ganz sicher dem Tode geweiht sind.
Man muss das vorsichtig und sensibel formulieren: Eisbären sind auch nur Menschen und nicht jeder ist einsichtig und gut gelaunt, wenn er/sie an der Paarung gehindert wird. Also nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und den Papa von der Mama zerren, sondern im Idealfall schon vor dem eigentlichen Akt eintreffen, wenn die Gemüter und auch der Rest noch nicht ganz so in Wallung ist.
Wenn es ganz blöd läuft, sind die Koordinaten für die Zeitmaschine aber auch denkbar schlecht gewählt und man hat im Jahre 2090 nicht nur einen, sondern gleich zwei zwar nicht von einem Polarexpeditionsschiff, dafür von einer Zeitmaschine gerammte Eisbären. Aber immerhin wäre dann ein noch ungeborenes Eisbärenbaby vom Aussterben bewahrt worden und das ist doch eine gute Sache.