Wiedersehensfreude

Der Teilzeithund freut sich immer wie irre, wenn man heimkommt. Er springt dann um einen rum, an einem hoch („Böser Hund! Gehst Du runter!…. Ach komm, egal. Ich freue mich ja auch Dich zu sehen“. Hundeerziehung vom Fachmann…ähem) und wedelt so sehr mit dem Schwanz, dass der komplette Körper mitwedelt. Das liegt jetzt nicht an einem überdimensionierten Schwanz (Oje, das wird jetzt viele enttäuschte Besucher von Google hierher spülen, die eigentlich etwas anderes erwartet haben), der den ganzen Körper in Schwingungen versetzt, sondern an der diesem Hund innewohnenden Grunddynamik, bei der alles mit dem tausendfachen an der eigentlich benötigten Energie gemacht wird – plus einem gewaltigen Übermaß an Euphorie über so ziemlich alles (außer baden. Selbst in einen Bach hüpfen ist super, aber in die Dusche oder Badewanne gestellt und gewaschen zu werden ist doof. Sagt der Hund, bzw. drückt es durch entsprechende Blicke aus) und jeden (außer Leuten, die einen in die Dusche oder die Badewanne stecken).

Diese unbändige Freude ist wirklich toll, aber ich bin ganz froh, dass sich diese extremen Auswüchse auf den Teilzeithund beschränken. Man stelle sich vor, das wäre immer und überall so! Die Dame am Empfang bei der Arbeit hüpft morgens ganz aufgeregt durchs Foyer, sobald sie meinen Wagen auf den Parkplatz einbiegen sieht. Auf dem Weg zur Treppe tanzt sie die ganze Zeit um mich herum und springt an mir hoch („Böse Frau! Gehst Du runter! …). Im Büro warten schon die Kollegen und freudig knuddelnd tanzen wir ein bisschen im Kreis. Später eine kurze Audienz beim Chef, der einen Freudenschrei ausstößt, wenn ich sein Büro betrete, dann kurz um mich herumtändelt und mich schließlich – grinsend wie ein Honigkuchenpferd. Später schütte ich mir versehentlich Kaffee über die Hände und verbrühe mich. Es ist schwer unfallfrei Kaffee aus der Küche zu holen, wenn ständig jemand um einen herumspringt. Im Laufe des Tages treffe ich noch viele Kollegen. Es wird viel gehüpft, getanzt und geknuddelt.

Abends beim Tanken umarmt mich der junge Mann an der Kasse und sagt mir, wie sehr er mich vermisst habe, dass das eine ganz schlimme Zeit für ihn war und fragt, ob ich noch eine Autowäsche dazu haben möchte. Möchte ich nicht. Es wäre schön, wenn die junge Dame hinter mir an der Kasse mich vermisst hätte, aber ich ernte nur eine Ohrfeige, als ich an ihr hochspringe. Klar, sie kennt mich ja nicht, wie soll sie sich da auch freuen, mich zu sehen. Wobei… ich habe mich ja gefreut sie zu sehen und kenne sie auch nicht. Aber für Erklärungen ist es jetzt zu spät und ich muss ohnehin los: ich will vor Sieben zuhause sein, sonst läuft mir die Mutter des Vermieters über den Weg und ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn die alte Dame mit ihrem künstlichen Hüftgelenk ächzend um mich herumspränge und unter Schmerzen versuchen würde an mir hochzuspringen. Das knackt immer sehr laut und gefährlich und so stabil sind diese Implantate auch wieder nicht.

Kurz vor dem Schlafengehen reibe ich mir die wundgeknuddelten Körperstellen mit Salbe ein und klebe ein Blasenpflaster auf die vom Herumtanzen entzündeten Stellen an den Füßen. Morgen ist ein neuer Tag und alles beginnt von vorne. Da freuen sich bestimmt schon einige drauf…

…das wäre alles in allem ziemlich anstrengend, weshalb ich froh bin, dass diese große Wiedersehensfreude dem Teilzeithund vorbehalten ist. Außerdem leckt er auch die Hand und wenn man Pech hat und sich beim Schuheausziehen nicht beeilt übers Gesicht – das wollte ich nun weder von den Kollegen, noch vom Tankwart. Auch nicht von der Mutter meines Vermieters und sogar bei der jungen Dame hinter mir an der Tankstellenkasse wäre mir das unrecht. Sogar beim Hund ist das ein bisschen eklig („Böser Hund! Hörst Du auf zu lecken!…. Ach komm, egal. Ich freue mich ja auch Dich zu sehen“)

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