In dieser Einöde ist nicht wirklich was los, aber trotzdem wohnen hier viele Menschen und die meisten sind auch noch motorisiert. Leider gibt es nur wenige Parkplätze. Das ist nicht schön, aber mir vollkommen egal, denn ich habe einen eigenen Parkplatz direkt vor der Wohnung. Dafür kriegt der Vermieter Geld, über das er sich wahrscheinlich jeden Monat aufs Neue einen Ast freut. Er ist Schwabe, wenn er also auf Kohle nicht mehr abfahren würde, wäre etwas nicht in Ordnung und man sollte dringend mit ihm zum Arzt. Gynäkologe wäre ok, dann kann er seine Frau gleich mitnehmen und man kann die Medis auf ein Rezept schreiben. Das spart Papier, Toner und Zeit. Wahrscheinlich gesundet der gemeine Schwabe schon bei dem Gedanken an das dadurch eingesparte Geld. Mit etwas Glück kann er noch über die Theke hechten, bevor der Druckauftrag losgeschickt wurde. Wenn das klappt, ist die schwäbische Wunderheilung perfekt.
Jedenfalls habe ich also einen dieser heißbegehrten Parkplätze. Es steht auch ein Schild davor, dass dieses kleine Prunkstück meinereiner ist und niemals nie und unter keinen Umständen fremdokkupiert werden darf. Das funktioniert im Normalfall auch wunderbar – bis auf gestern. Gestern stand da nämlich ein silbernes Wagen als ich heimkam.
Kann ja mal passieren. Bestimmt jemand, der sich hier nicht auskennt und das Schild womöglich auch übersehen hat. Wobei… der Wagen hat ein Nummernschild aus der Gegend. Aber nun denn. Ich habe ja mit viel Glück einen Parkplatz direkt hinter der Bushaltestelle gefunden. Da wo die pubertären Kids morgens immer stehen und rumpubertieren und dabei oft auf dumme Ideen wie „Autos zerkratzen“ und „Wer den größten Kotzbrocken aufs Dachfenster kriegt“ kommen. Dinge, die meiner Generation niemals eingefallen wären… Man hat kein gutes Gefühl, wenn man seinen Wagen da parkt. Hätte ich ja auch nicht, wäre mein Parkplatz nicht belegt gewesen. So parkte ich aber gestern ca. 700 Meter weit weg von der Wohnung.
War ein bisschen blöd, mit all den Taschen durch den Regen zu stapfen, aber so etwas härtet ja auch ab. Genau wie das Bücken nach den heruntergefallenen Einkäufen – ich Schussel. Ok, ich ging davon aus, dass ich direkt vor der Wohnung parke und hatte deshalb keine Einkaufstasche dabei. Das konnte der Fremdparker natürlich nicht wissen. Genauso wenig, wie er wissen konnte, dass ich viele Schirme besitze. Bestimmt fünf oder sechs Stück. Zwei davon sind richtig groß, die anderen drei nicht ganz so groß im offenen Zustand, dafür aber sehr handlich, wenn sie eingeklappt sind. Es sind durch die Bank richtig gute Schirme und ich bin mir sicher, dass es denen auch richtig gut geht – zuhause in der Abstellkammer und neben der Kommode. Eventuell hätte es ihnen auch bei mir im Auto gefallen, aber das weiß ich nicht: es war ja keiner da, wie ich nach einer längeren Suchaktion festgestellt habe. Ich konnte also nicht fragen.
Naja, alles halb so tragisch. Ich habe es ja in die Wohnung geschafft und die meisten meiner Habseligkeiten auch (Viele Grüße an den Finder der mittlerweile wahrscheinlich ziemlich durchweichten Sammlung an Prospekten: war nichts Besonderes dabei, Sie haben nichts verpasst). Der/dem Fremdparker/in habe ich einen Zettel geschrieben, ihn in Plastikfolie verpackt und unter den Scheibenwischer geklemmt – einfach nur, um sie/ihn dezent darauf hinzuweisen, dass sie/er versehentlich und wahrscheinlich unwissentlich auf einem reservierten Parkplatz geparkt hat. Manchmal ist man ja froh, wenn man auf solche Kleinigkeiten hingewiesen wird. Ich schrieb:
„NOCH ALLES KLAR IN DER BIRNE???? DAS IST MEIN VERDAMMTER PARKPLATZ, ALSO WEG MIT DIESER ROSTIGEN MÜHLE UND ZWAR ZACKZACK!!! ICH GLAUBE, ES HACKT! STEHT DA „WOHNUNG NR. 2“ AUF DEM SCHILD ODER STEHT DA „SCHROTTPLATZ“??? GENAU! SCHROTTPLATZ STEHT DA NICHT, ALSO WEG MIT DER KARRE!
FÜR MORGEN IST WIEDER REGEN ANGESAGT. WENN DAS DING DANN IMMER NOCH STEHT, HOLE ICH EINE HORDE TESTOSTERONGESCHWÄNGERTER BODYBUILDER, DIE DAS GEFÄHRT ENTSORGEN – UND WENN SIE GLEICH MIT, WENN WIR SIE FINDEN!
ALSO ABGANG!!!“
Und sollte das keine Wirkung zeigen, könnte es passieren, dass ich Erziehung und gute Umgangsformen vergesse und eventuell ein kleines bisschen unhöflich werde. Aber jetzt versuchen wir es erstmal so.