Heute war ich in einem Outlet. Dieser Outlet ist sogar ziemlich bekannt, denn ein berühmter und erfolgreicher Comedian hat ihn in seinem Programm erwähnt (Kennste, kennste…), was ihn – also den Outlet – aber trotzdem nicht zum Mekka der Sparsüchtigen gemacht hat. Zum Glück: man kriegt immer noch ganz gut einen Parkplatz und die Läden sind meistens auch nicht komplett überfüllt. Da ist sehr angenehm und noch angenehmer ist, dass ich dort innerhalb von zehn Minuten kompetent vermessen, beraten und zur nicht vorhandenen Schlange an der Kasse geführt werde – das größte Manko ist also, dass ich am Ende bezahlen muss, aber das ist ja überall so: am Ende wird bezahlt; egal ob Outlet, Tanke, das Leben, die Drogerie, einfach überall. Immerhin sind die Preise dort auch noch ganz ok und man hat es schnell hinter sich, denn es gibt ja keine Schlange an der Kasse. Also habe ich nun eine schwarze Hose, ein weißes, ein rotes und ein blaues Hemd, sowie eine schwarze Tragetasche plus – kriegt man kostenlos dazu – einen ausgedruckten Beleg der Einkäufe. Das Ganze war total entspannt und in kürzester Zeit erledigt. In einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung wäre beim Verlassen des Ladens noch ein weißes Pferd mit wehender Mähne in Zeitlupe durchs Bild galoppiert und dann: ENDE.
Das Leben ist aber nunmal kein Ponyhof und schon gar keine Rosamunde-Pilcher-Verfilmung, weshalb es mich anschließend noch in ein Damenmodenfachgeschäft verschlagen hat. Wobei Geschäft eine Untertreibung ist: das war eher eine Fabrikhalle des textilen Konsums, eine Schlachtbank der Meterware, die Deathrow des Dessins.
Während ich staunend durch die Reihen ging, hatte ich ständig ein Bild von lachenden Designer im Kopf, die sich köstlich darüber amüsieren, dass irgendjemand ihre im Alkohol- und Drogenwahn gefertigten Entwürfe tatsächlich zu kaufen gedenkt. Die Textilwaren-Designer stehen da übrigens in knallhartem Wettkampf zu den Damenschuh-Designern. Am Ende der Saison wird abgerechnet: wer hat die meisten Käufer für die komplett absurden und potthässlichen Waren. Der Verlierer muss eine Woche die eigenen Entwürfe tragen. Strafe muss sein.
Auch in dem Laden waren erstaunlich viele Damen überaus begeistert von Artikeln, die ich erst bei näherem Hinsehen als Kleidung identifizieren konnte. Es war faszinierend. In meinem nächsten Leben werde ich auch Designer! Wenn man als Designer schlechte Laune hat, geht man in einen Klamotten- (oder Schuh-) Laden und beobachtet die Leute beim Begutachten der eigenen Entwürfe. Nach ca. fünf Minuten dürfte der erste Lachkrampf fällig sein, nach einer Viertelstunde hat man Bauchschmerzen vor Lachen und wenn man nach drei Stunden wieder aus der Psychiatrie entlassen wird, ist die Laune bestens.
In dem Damen-Oberbekleidungsoutlet gibt es auch sehr ungewöhnliche Einkaufswägen. Diese bestehen aus einem relativ niedrig angebrachten Korb zum Ablegen der Ware und einer am Wagen angebrachten „Kleiderstange“, an der man Hemden, Hosen, Röcke usw. aufhängen kann. Es ist keine Kleiderstange im üblichen Sinne, sondern eher ein Rohr, dass oben waagrecht gebogen wurde und dort ein paar Haken angeschweißt hat, damit die Kleiderbügel nicht herunterrutschen.
Dieses Gebilde sieht im ersten Moment schon seltsam aus. Und überhaupt ist die Szenerie im Laden befremdlich: überall schieben Frauen Kleiderständer durch die Gänge. Man gewöhnt sich aber schnell daran und wenn man die Altersstruktur der Anwesenden betrachtet, macht das auch Sinn: das ist das perfekte Training, um in ziemlich naher Zukunft beim Wettschieben des mobilen Infusionsständers (denn daran erinnern diese fahrbaren Kleiderständer) durch die Krankenhausgänge auf den vorderen Rängen zu landen. Und das noch im total schicken Nachthemd, das im Outlet als schickes Kleid für die reife Dame verkauft wurde. Was will man mehr. Naja, ich wollte heim, aber das Schicksal meinte es nicht gut mit mir: einen Schuhladen gibt es in dem Outlet auch noch.
Immerhin wurde ich Dritter beim Kleiderständerrennen. Zum Glück hat keiner gemerkt, dass ich die Oma vor mir in die Übergangsjacken geschubst habe… sonst wäre das nix geworden mit einem Platz auf dem Podest.