Morgen ist es endlich soweit: es gibt Grünkohl. Leider nur aus dem Glas, weil es im Laden keinen frischen gab, aber für einen ersten Versuch sollte das auch ok sein. So spare ich mir schon das Gehäksle und Geschnipple und habe fertig geschredderten Grünkohl, den ich nur noch aufwärmen muss. Natürlich wird er noch mit Speck und Zwiebeln gepimpt und natürlich kommen auch noch Würstchen rein. Im Original sind das Pinkel und das ist wohl auch der Grund, warum ich das als Kind niemals gegessen hätte. Wer gibt einer Wurst denn so einen ekligen Namen? Ist doch klar, dass da viele keine Lust drauf haben (Andererseits… bei uns gibt es einen speziellen Namen für Schupfnudeln und der ist auch nicht wirklich schön: Buwespitzle – also der Penis eines kleinen Jungen. Das hat mich als Kind allerdings keineswegs abgeschreckt und ich habe mir die Teile reingezogen als gäbe es kein Morgen. Wäre vielleicht auch mal eine interessante Anekdote für meinen Psychiater, andererseits. Buwespitzle, zwanghaftes Verschlingen… er könnte eventuell falsche Schlüsse ziehen. Ich lass das lieber). Mittlerweile bin ich ja älter und ein harter Bursche und ich hätte es probiert, nur: es gibt im Supermarkt nichts namens Pinkel. Zumindest nicht in der Wurst- und Fleischwarenabteilung und wenn es das irgendwo anders in dem Laden gibt, will ich das nicht wissen. Ich habe dann Mettenden genommen, weil ich mich dunkel erinnere gelesen zu haben, dass das auch geht. Die Autokorrektur macht aus Mettenden übrigens „Rettenden“. Das ist einerseits lustig, andererseits lese ich mir die Zutatenliste der Mettenden vielleicht lieber doch nicht durch. Der günstige Preis war eh verdächtig…
Sohnemann hatte noch nie Grünkohl und ich habe jetzt schon seinen Gesichtsausdruck vor Augen, wenn den ersten Hauch davon in nur via Mikroskop nachweisbarer Menge auf den Löffel und diesen dann Richtung Mund führt. Er wird darauf achten, dass der Löffel die Zunge auf gar keinen Fall berührt, aber alleine die Aura dieses My an Grünkohl, wird seine Geschmacksnerven in negative Schwingungen versetzen und ergo wird es ihm nicht schmecken. Keine Ahnung, was diese modernen Erziehungsratgeber in diesen Momenten raten, aber ich mache einen auf „Mein Vater, der Arsch“ und Sohnemann muss essen. Meinetwegen nicht alles, aber mehr als eine Messerspitze auf jeden Fall. Ein guter Trick, den ich bisher noch nicht angewandt habe: Versprechen, dass es Nachttisch gibt, wenn er zumindest mal diesen eh nur halb gefüllten Teller voll mit leckerem Grünkohl und Pi… äh, toller Wurst. Könnte funktionieren und ich wüsste kein Gesetz, dass besagt, dass eine Knoblauchzehe nicht als Nachtisch durchgeht. Die darf er dann lutschen, wenns geklappt hat. Könnte aber wetten, dass es dann schon wieder Gezicke gibt, aber dann wäre ich nicht so: er dürfte sich etwas Zucker drüber streuen, wenn das mit dem „Aber ein Nachtisch muss süß sein!“-Gejammere losgeht.