In meiner Küche steht ein Schuhkarton und zwar jener der die ziemlich teuren Schuhe enthielt. Normalerweise nehme ich die Kartons nicht mit, in diesem Fall habe ich es aber getan. Wahrscheinlich in weiser Voraussicht. Nun steht eben jener Karton also in meiner Küche. An der einen Frontseite habe ich unten ein kleines Quadrat ausgeschnitten und nach außen geklappt. Das sieht nun so ein bisschen aus wie eine Zugbrücke (nur ohne Ketten. Und ohne Wassergraben. Man kann es ja auch übertreiben) und dient tatsächlich als Eingang. Ich hatte überlegt, ob ich nicht tatsächlich „EINGANG“ darüber schreibe, aber das kam mir ein bisschen seltsam vor. Auf dem Karton liegt ein Schneidebrett, das nur eine Funktion hat: es soll den Karton beschweren und ihn mittels Schwerkraft am Boden fixieren. Das geht ganz gut und ist mir recht: extra Löcher durch die Fliesen zu bohren, kam mir übertrieben vor. Im Inneren des Kartons ist nicht viel: ein Aufkleber mit der Kontrollnummer des Aufsehers der Nähfabrik, wo die Schuhe hergestellt wurden und ein bisschen Speck. Letzteres befestigt an der aktivierten und zum Morden bereiten Mausefalle.
Es gibt ja wirklich komische Leute. Wer ab und zu nach draußen geht und sich die Menschen anschaut, wird mir recht geben. Deshalb ist es gar nicht so abwegig, davon auszugehen, dass man eine/r sich eine Mausefalle in einem durch ein Schneidebrett beschwerten Schuhkarton in die Küche stellt, weil sie/er das total schick findet. So einer bin ich nicht. Bei mir liegt es daran, dass in der Küche eine Maus unterwegs ist und ich das nicht möchte. Zu einem persönlichen Gespräch war sie nicht bereit, ganz im Gegenteil: bei unserer ersten und bisher einzigen Begegnung war ihre Reaktion auf mein (zugegebenermaßen wenig subtil) vorgebrachtes „AAAAAAAHHHHHHHH“ die Flucht – dummerweise hinter die Blende eines Schranks. Dort ist sie (hoffentlich) immer noch. Schön wäre, wenn ihr nächster Ausflug sie in den Schuhkarton führen würde. Der Speck ist lecker, ich hatte den auch im Grünkohl und das war vorzüglich. Ich hoffe, das Thema hat sich bald erledigt.
Bleibt die Frage, wie die Maus überhaupt hier hereinkam. Wer X-Men II gesehen hat, weiß schon um die eine… nämlich: es handelt sich um eine Mutantenmaus. Bei X-Men II gab es „Nightcrawler“, einen Mutanten, der sich durch Türen und Wände teleportieren konnte. Einfach so und er hinterließ nur eine bunte Dampfwolke (Mutantenpups wahrscheinlich). Gegen diese These spricht, dass die Maus nicht blau war und sie panisch geflüchtet ist, anstatt sich sonstwohin zu teleportieren. Das finde ich beruhigend, denn noch schlimmer als eine Maus in der Küche ist eine Mutantenmaus. Andererseits: cool wäre das schon…
Eventuell habe ich es auch mit einer Einbrechermaus zu tun, die ich bei einem Bruch erwischt habe. Glaube ich aber auch nicht; die hatte kein Werkzeug, keine Tasche, nichts dabei. Wüsste auch nicht, was hier Klauenswertes für eine Maus wäre, außerdem leben hier im Haus ja auch – und somit kommt der wahrscheinliche Grund, weshalb hier eine Maus ist – zwei wuschelige Monster, die von Natur aus nicht gut auf Mäuse zu sprechen sind. Ich hege deshalb den Verdacht, dass eine der Katzendamen die Maus ins Haus geschleppt, nicht aufgepasst hat und die Maus entkommen ließ. Natürlich kommt von den Ladies diesbezüglich keine Info; sie wundern sich nur, weshalb die Türen zur Küche zu sind und sie im Wohnzimmer frühstücken, lunchen und dinieren müssen. Stört sie aber nicht weiter, Essenskultur ist Katzen nicht unbedingt gegeben und wenn man ihr Futter sieht und riecht, ist einem klar, dass es damit bei dem Zeug auch nicht verwunderlich ist.
Jetzt hoffe ich nur, dass die Maus sich bald in den Schuhkarton begibt und die Falle zuschlägt. Falls nicht, habe ich es mit einer Vegetariermaus zu tun oder sie ist unterm Schrank an einem Herzschlag gestorben, nachdem sie mich gesehen hatte. Das würde ich dann aber fast persönlich nehmen…