Nun sind wir mitten drin in der Corona-Krise. Die Pandemie wütet weltweit , was als Satz ähnlich sinnvoll ist wie „der weiße Schimmel“, wütet eine Pandemie schon alleine per Definition weltweit. Ansonsten wäre es nur der kleine Bruder, die Epidemie, die auch nicht schön, aber eben lokal begrenzt aktiv ist. Beiden gemein ist das wüten und das tut Covid19 gerade in großem Ausmaß.
Täglich kommen neue Horrormeldungen, es hagelt immer mehr und immer extremere Maßnahmen. Wer hätte vor ein paar Wochen daran gedacht, dass Flüge aus Europa in die USA nicht möglich sind oder Skigebiete aus einem anderen Grund als Lawinengefahr zu Risikogebieten erklärt werden? Dass es zu Hamsterkäufen von Toilettenpapier, Nudeln und Mehl kommt? Dass die Formel1 nicht fährt und die Bundesliga nicht spielt?
All diese Maßnahmen sind nötig, aber natürlich ist das Umsetzen dieser Maßnahmen nicht immer einfach. Bei manchen sind es einfach gewohnte Tätigkeiten, denen man plötzlich nicht mehr nachgehen kann, was ärgerlich ist (wie schrieb die Stadt Mannheim: „Die Stadt Mannheim verbietet weiterhin den Betrieb von Saunen, Kinos, Clubs und Diskotheken, Spielhallen, Prostitutionsstätten und Indoorspielplätzen.“ Da ist alles dabei, wobei man die letzten beiden Punkte auch hätte zusammenfassen können), aber es trifft auch elementare Bereiche des täglichen Lebens, was für viele schwere Einschnitten und neben Ärger und Wut auch eine große Unsicherheit bei den Betroffenen mit sich bringt. Oft ist man sich als Außenstehender der Bedeutung im ersten Moment gar nicht bewusst und wundert sich, wenn man die Auswirkungen sieht.
Morgen früh zum Beispiel. Wenn sich Autokolonnen durch den Ort zwängen werden, planlos, ohne festes Ziel. Große Boliden verstopfen die Kreisverkehre, am Steuer weinende Frauen und verwirrt dreinbilickende Männer, die sich in die Lenkräder krallen und Dinge wie „Kevin, hast Du Dein Chia-Avocado-Brot eingepackt?“, „Vergiss den Aerial Yoga 4 Kids-Kurs nicht; der ist gleich nach dem Flötenunterricht, Chantal!“ und ähnliches vor sich hinmurmeln. Auf den Gehwegen stehen Bürger, die helfen wollen. Sie halten Schilder in die Luft: „Es ist keine Schule!“ steht auf manchen oder auch „Kindergarten. Kita. Schule. Alles zu!“, aber die Helikoptereltern starren stumm durch die Windschutzscheiben, während der Sechszylinder dumpf vor sich hintuckert. Auf den Rücksitzen heulen die ersten Kinder, nicht wissend, wie lange die Tour noch dauern wird. Die Vorräte an mit Melonenstücken aromatisiertem Evian gehen zur Neige und die zuckerfreien Hafer-Dinkelmuffin sind auch schon gegessen, aber es deutet nichts darauf hin, dass die Fahrt bald zu Ende sein wird – wie auch, wenn die Ziele geschlossen und nicht erreichbar sind…
Es sind schwere Zeiten, aber da müssen wir durch. Auch die Helikoptereltern und ihre Blagen… zumindest so lange der Diesel noch reicht.