Die letzten Tage hat es ganz schön gestürmt. Das war toll, denn der Sturm hat die böse Hitze vertrieben. Dafür sieht es nun auf der Terrasse aus wie nach einer botanischen Apokalypse: überall Blätter, Äste und Stroh (Warum das da liegt? Das ist von einem mittlerweilen leeren Nest, welches von einem Vogelpärchen direkt unterm Dach errichtet wurde. Nachdem der Nachwuchs (Papa und Mama Vogel haben also das gemacht, wonach sie benannt sind) flügge und das Nest somit verlassen war, habe ich es fachmännisch entsorgt. Ok, das mit dem fachmännisch stimmt nicht, denn dann wäre wahrscheinlich weitaus weniger Schmutz auf der Terrasse gelandet.
Wind und Sturm gibt es ja immer wieder mal, so auch vor vielen Jahren, als der Junior noch kleiner war. Toiletten und deren Handhabe waren ihm noch gänzlich unbekannt, aber dank Windel konnte er ja tun und lassen, was er wollte (zumindest in der Beziehung) und natürlich musste er sich auch nicht um die Entsorgung seines Big Business kümmern. In jener stürmischen Nacht war dies meine Aufgabe.
Der Kleine war also frisch gewickelt, gepudert und bester Dinge und ich hatte eine Tüte mit prekärem Inhalt zur Entsorgung. Ein luftdichtverschließbares Behältnis (es empfiehlt sich ein „Castor Mini“, denn man kann hier durchaus von Gefahrgut sprechen) war keines zur Hand, also musste das duftende Kleinod direkt in die Mülltonne …die allerdings ein Stückchen weg vom sicheren Hauseingang steht. Da war aber der Sturm, mit herumwehenden Ästen und sonstigen Kram (ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, ein kleines Mädchen mit roten Schuhen und einem kleinen Hund hoch oben im Auge des Sturms gesehen zu haben). Gefährlich, gefährlich! Da geht man lieber auf Nummer Sicher und nicht raus. Meinen „Catch of the day“ wollte ich aber keinesfalls drinnen haben. Also knotete ich die Tüte am Treppengeländer fest, um sie gleich am nächsten Morgen sturmfrei und fachgerecht zu entsorgen.
Mein Vater war Gründungsmitglied beim örtlichen Ableger der DLRG, weshalb mein Mitgliedsantrag quasi noch mit dem Blut aus der Nabelschnur gleich nach der Geburt (noch vor dem Wiegen und dem ganzen Kram) unterzeichnet wurde. Wenn man sich der größten Suchmaschine weltweit bedient und dort nach den Worten „DLRG“ und „knoten“ zugleich sucht, wird man schnell feststellen, dass der Themenkomplex „Knoten“ eine nicht ganz unwesentliche Rolle bei deren Tätigkeiten einzunehmen scheint. Mir selbst fiel das nie so wirklich auf. Tatsächlich ging das Thema „Knoten“ nahezu völlig an mir vorbei. Sowohl bei DLRG-Aktionen, wie auch im sonstigen Leben. Ich knote, wenn es etwas zu knoten gibt, aber ansonsten mache ich mir über Knoten wenig Gedanken. Sollte mir ein gerade auf Landgang befindlicher Matrose sein Schweizer-Marine-Messer (das ist wie das Schweizer-Armee-Messer, nur in blau und mit teilweise anderem Werkzeug. ZB. mit Angelhakenlöser statt Hirschtötungsmesser usw.) mit den Worten „Los, zeig mir einen Palstek oder ich töte Dich mit dem Fischentschupper meines Schweizer-Marine-Messers!“ in den Rücken pressen… mein letztes Stündchen hätte wohl geschlagen.
Nun sind in unseren Breitengraden nicht sonderlich viele aggressive Matrosen mit Schweizer-Marine-Messern unterwegs (wobei… wenn sie hier wären, wären sie bestimmt sehr aggressiv, weil: wir haben weit und breit kein Meer. Andererseits ist es doch nicht mein Problem, wenn der Herr Matrose sich verläuft und plötzlich bei uns landet), und trotzdem zeigte sich in jener Nacht, dass Knoten doch ein wichtiges Element im filigranen Wunderwerk namens „Leben“ sein können. Dann nämlich, wenn man eine Windel des Nachts im Sturm an ein Treppengeländer knotet, dabei aber keinen Palstek oder anderen Profi-Knoten benutzt, und die Windel-Tüte sich am nächsten Morgen nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz am Treppengeländer befindet, sondern irgendwo anders…
Wo genau sie gelandet war, habe ich nie erfahren und in der Nachbarschaft rumfragen, ob der Sturm bei jemanden Überraschendes gebracht habe, wollte ich auch nicht. Man muss ja nicht unnötig Verdachtsmomente erzeugen. Auf jeden Fall war das in dieses Nacht ein echter „Shitstorm“ für den ungewollten Empfänger des Pakets. Tut mir ja auch wirklich leid, aber andererseits… Shit happens.