Fast wäre ich zu spät zum Stammtisch gekommen, aber den täglichen Feierabendlauf ausfallen zu lassen, kam trotz der frischen Temperaturen, die Mitte Februar noch herrschten, nicht in Frage. Nun saß ich am Tisch und spürte die neidischen Blicke der anderen, während ich genüsslich meinen Salat aß. Ich meinte sogar ein leises Seufzen zu vernehmen, als ich einen Schluck vom Leitungswasser nahm.
“Mensch Klaus, wie machst Du das nur?” Michael blickte ehrfürchtig auf den Salatteller, der fast wie ein Fremdkörper neben den restlichen Tellern stand, auf denen sich Berge von Frittiertem, fette Bratwürste und andere Kalorienbomben türmten, umrahmt von Wein- und Biergläsern, die scheinbar nie zur Neige gingen. “Hätte ich doch nur so viel Willensstärke wie Du”, sagte er, “aber Du weißt ja wie das ist mit den Vorsätzen”.
Das wusste ich tatsächlich. Es war jedes Mal das gleiche: im neuen Jahr wird alles besser. Diesmal klappt es. Garantiert. Und dann? Keine zwei Wochen später ist wieder alles beim alten und die Vorsätze sind vergessen. Außer diesmal… diesmal war tatsächlich alles anders.
Die ersten Wochen des neuen Jahres war ich eifriger Besucher diverser Fast Food-Tempel und in der Kantine lud ich mir ausgiebig Pommes neben das Schnitzel und ignorierte Gemüsebeilage und Salattheke. Die einzige Theke, die ich frequentierte, war in der Kneipe. Es war eine einzige Völlerei. Doch plötzlich die ersten Veränderungen. Da mal Gemüse statt Pommes, dort mal ein Wasser statt Bier. Salatgurke statt Chips als Snack. Und woher kam auf einmal die Lust auf lange Spaziergänge? Die Veränderungen wurden mehr und mehr und plötzlich war es vorbei mit Schlemmen, Bier und Extreme Couching.
Mein Blick fiel auf mein Handy. “Ach weißt Du, Michael… eigentlich geht es mir genau wie Dir.”
Auf dem Display war die Notiz vom Dezember:
Meine Vorsätze für das neue Jahr
- ungesunde Ernährung, wenig Vitamine
- viel Alkohol
- keine Bewegung, kein Sport
Ich grinste. “Bei mir hat das auch wieder nicht geklappt mit den Vorsätzen.”